„Haben Sie eine Ahnung, wieviele Bücher im Laufe eines Jahres über Frauen geschrieben werden? Haben Sie eine Vorstellung davon, wieviele darunter von Männern geschrieben wurden? Sind Sie sich dessen bewußt, daß Sie vielleicht das am meisten diskutierte Lebewesen des Universums sind? (...) Wohin man auch sah, dachten Männer über Frauen nach und dachten sehr unterschiedlich über sie. Es war unmöglich, daraus klug zu werden (...).  Es schien reine Zeitverschwendung, all diese Herren zu Rate zu ziehen, die sich auf Frauen und ihre Wirkung auf weiß Gott was spezialisiert hatten – so zahlreich und gelehrt sie auch sein mochten. Man konnte ihre Bücher ebensogut auch ungeöffnet lassen.  (Virginia: Woolf: Ein Zimmer für sich allein)

Liebe Besucherinnen und Besucher,

die britische Schriftstellerin Virgina Woolf schickte 1927 in ihrem Essay „Ein Zimmer für sich allein“ eine Frau ins Britische Museum,  um sie dort den vielen Büchern auszusetzen, die Männer über Frauen geschrieben haben. Nach der Arbeit eines Vormittags kommt die Frau zu dem Schluß, dass sie all diese Bücher nicht hätte öffnen brauchen, weil die Wahrheit darin nicht zu finden sei.

Auch wir, das Duo Plex,  haben für die Installation „KlingelStreiche“ die Bücher jener Herren geöffnet – und es war beileibe keine Zeitverschwendung, sich mit diesem Thema zu beschäftigen, so wie ich hoffe, dass es auch für Sie keine Zeitverschwendung ist, hier auf dieser Ausstellung zu sein.

Wir möchten Sie, liebes Publikum, mit unserer Installation zum Staunen bringen: denn es ist erstaunlich, was Männer über Frauen geschrieben und behauptet haben – und mit welchem Eifer Sie Ihre Vorurteile als Erkenntnis verbreiteten. Ebenso erstaunlich ist es, wie ähnlich die Vorurteile über Frauen waren: über alle Epochen und Kontinente hinweg, z.B in Bezug auf kluge, gelehrte oder gebildete Frauen.

Erstaunlich ist aber auch, und hier kommen wir zu dem erfreulichen Aspekt unserer Arbeit, dass die Zitate, die heute hier zu hören sind, bei vielen von uns ein ungläubiges Kopfschütteln auslösen. Die letzten, frauenbewegten Jahrzehnte haben viele neue Ideen hervorgebracht und einige Veränderungen im Denken von Frauen und Männern bewirkt. Was damals, z.B. noch Anfang des letzten Jahrhunderts von Max Funke oder Hermann Paull, - Sie können die markanten Worte dieser Herren bei uns ‚erklingeln’ - als Wahrheit ‚verkauft’ und nicht angezweifelt wurde – das erscheint uns heute fast als makabrer Witz.

Insofern haben wir die Hoffnung, dass die Vorurteile über Frauen in den nächsten Jahrzehnten mehr und mehr abgebaut werden. Dass jeder Mensch, egal ob Mann oder Frau, egal ob arm oder reich, egal ob Muslimin oder Christin oder sonstiger Religion das Recht auf Bildung selbstverständlich in Anspruch nehmen darf und kann. Denn Bildung ist die zentrale Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben und für das Begreifen von Machtstrukturen.

Vorurteile zielen darauf soziale Gruppen innerhalb einer Gesellschaft abzuwerten, um sich selbst und die Gruppe, der wir uns zugehörig fühlen, aufzuwerten. Genau das haben die Professoren, die Schriftsteller, die Theologen, die Mediziner und Philosophen getan, als sie in ihren Schriften die unterlegene Stellung der Frau so sehr betonten: All diese Männer waren auf ihre eigene Überlegenheit und auf ihren eigenen Vorteil bedacht.

Wir alle haben Vorurteile und wir hegen und pflegen sie. Wenn unsere Arbeit Sie dazu anregt Ihre Vorurteile zu überdenken, dann würden wir uns sehr darüber freuen. Vielen Dank.

duo plex
bruna luna & joern moeller
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